Wanderung

Rhein-Romantik

easy

2:00 h
246.87 m
7,1 km
248.3 m
Es s summt und brummt am Wochenende in Rüdesheim, wo der Riesling das Zepter fest in der Hand hält. Vom   Parkplatz Nummer 5 „Auf der Lach“ geht es am Schiffsanleger vorbei Richtung Zentrum. Beim darauffolgenden Überqueren der Gleise werden die Ankömmlinge vom Adlerturm gegrüßt. Hier nächtigte bereits Weinliebhaber Goethe. Entweder folgt man nun den Hinweisschildern zur Seilbahn oder nimmt den Weg durch die Drosselgasse, wo sich Touristen Schulter an Schulter an den Souvenirläden vorbeischieben. Empfehlenswert ist ein Bummel durch die Marktstraße, über den belebten Marktplatz mit dem ersten Weinprobierstand und links am Klunkhardshof, einem spätmittelalterlichen Fachwerkwohnhaus, vorbei in die Löhrstraße mit dem idyllischen Plätzchen Malerwinkel. In der Nähe liegt das sympathische Weinstübchen im Klunkhard sowie die Weinstube Zur Lindenau, in deren Hof man gemütlich sitzt – schade, es ist noch zu früh zum Einkehren.

Wanderwillige gehen in knapp einer Stunde die 200 Höhenmeter zum Niederwalddenkmal zu Fuß. Ein Highlight ist jedoch die Seilbahn. Wer sich, über den Reben schwebend, zuprosten möchte, ersteht vor dem Einstieg einen Piccolo mit zwei Gläsern. Von der Gondel aus genießt man einen fantastischen Blick über die berühmten Weinlagen Berg Rottland, Bischofsberg und Drachenstein. Die Riesling-Reben lieben den wärmespeichernden Schieferboden. Rechter Hand liegt die Benediktinerinnenabtei St. Hildegard und links, oberhalb der Brömserburg, die in Privatbesitz befindliche Boosenburg mit der berühmten Weinlage Rosengarten. Kurz vor der Bergstation fällt der Blick auf das Rebenhaus. Eine schöne Einkehrmöglichkeit, vor allem, wenn man einen Platz auf der Terrasse ergattert. Den Niederwaldtempel  und das Niederwalddenkmal, wo Geschichtskenntnisse aufgefrischt werden, und die Touristen hinter uns lassend, kommen wir unterhalb der Germania in das Naturschutzgebiet Niederwald. Der Waldweg, auf dem auch der Rheinsteig verläuft, führt am Ruheplatz  „Binger Blick“  vorbei, doch noch wollen wir nicht ruhen. An einer Wegkreuzung mit fünf Einmündungen folgen wir links weiter dem Rheinsteig beziehungsweise dem Rheingauer Rieslingpfad, erkennbar an einem Weinglas mit Krönchen, der sich nun leicht abwärts schlängelt. Schon haben uns die Riesling-Reben wieder.

Auf Höhe der Nahemündung zwischen Bingen und Bingerbrück bietet sich nach einer Weile ein besonderer Blickfang: die Drususbrücke mit ihren sieben Pfeilern, die älteste mittelalterliche Steinbrücke in Deutschland. Es geht nun immer leicht bergab, links schlängelt sich weit unten der Rhein, rechts liegen mit Trockenmauern terrassierte Rebhänge. Die vorherrschenden steinigen Quarzit-Verwitterungsböden versorgen die Weine mit Mineralität und einer differenzierten Säure. Wir durchqueren die flurbereinigte Weinbergslage Berg Schlossberg, benannt nach Schloss Ehrenfels, einer ehemaligen Zollburg von etwa 1220, in der Wanderfalken nisten. Statt der Steilhänge, die mühsam von den Winzern bearbeitet werden müssen, legen die Winzer immer häufiger Querterrassen an, wie es vor der großen Flurbereinigung Mitte des vorigen Jahrhunderts üblich war. Sie können mit dem Schlepper befahren werden, die Arbeitszeit verringert sich um etwa die Hälfte. Zudem läuft das Wasser nicht so schnell ab, die Erosion wird gebremst.

Der Rhein legt sich hier mächtig in die Kurve und fließt wieder nach Norden. Auf der Höhe des Binger Mäuseturms ist ein kühler Schoppen in Sicht: An idyllischer Lage mit malerischem Blick liegt der Rastplatz Ehrenfelsblick Weinkeller  mit Selbstbedienungsausschank des Nebenerwerbsweinguts Altenkirch aus Rüdesheim-Aulhausen. Das entsprechende Alter belegt man mit Durchziehen eines Ausweises, Bezahlung ist Vertrauenssache. Eine Kiste mit leeren Flaschen neben dem kleinen hölzernen Verkaufsstand beweist, dass schon viele durstige Seelen vor uns dieses tolle Angebot genutzt haben. Wir genießen Wein und Blick auf den Mäuseturm, der in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Zollwachturm erbaut wurde.

Mit der angenehmen Frische eines Spätburgunder Weißherbstes Frankenthal am Gaumen gehen wir durch ebendiese Assmannshäuser Lage. Rotweinland! Immer wieder wird der Blick durch die Hecken ins Obere Mittelrheintal frei und macht klar, warum die Engländer im 19. Jahrhundert so sehr vom romantischen Rhein schwärmten. Auf der anderen Seite des beschaulichen Ortes weisen riesige Lettern auf eine der bekanntesten deutschen Rotweinlagen hin, den Höllenberg mit bis zu 60 Prozent südwestlicher Hangneigung. Ob das Arbeiten hier die Hölle ist? Wer weiß, der Name stammt vom mittelhochdeutschen halde, Steilhang, ab. Der Weg mündet in eine Straße, wer will geht die Treppenstufen linker Hand, schon ist man im Ort. Über den Köpfen surrt die Sesselbahn, die müde Wanderer einschweben lässt. Am Ende der Niederwaldstraße wird Wein-Wellness angeboten – die Fußpflege mit Weinlaub wäre jetzt genau das Richtige. Hinter den Bahngleisen locken mehrere Restaurants, auf deren Terrassen Besucher die Abendsonnen genießen. Im Hotel und Weingut Schön ⓫ an der Rheinuferstraße 2-4 präsentiert ein „Proben-Karussell“ fünf typische Weine der Region. Interessierte Besucher erhalten sogar eine Kellerführung. Stündlich fahren Züge vom Bahnhof Assmannshausen  nach Rüdesheim zurück. Wer zeitig dran ist, beschließt die Tour mit einer Schifffahrt (letztes Schiff ca. 18 Uhr – an der Talstation der Sesselbahn in Rüdesheim fragen!).

Quelle: Antje Seeling und Sonja Press, Wein-Wandern in Deutschland, Verlag publicpress, 188 Seiten,  Taschenformat 11,8 x 19,3 cm (Breite x Höhe) ISBN: 978-3-89920-820-7, 11,95 €

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Impressionen

Unser Tipp

Einkehrmöglichkeiten: in Rüdesheim bzw. in Assmannshausen oder unterwegs auf dem Rastplatz Ehrenfelsblick (Picknick mitbringen!)

Start der Tour

Parkplatz Nummer 5 „Auf der Lach“ in Rüdesheim Nähe Rhein und Bahnhof

Start of the Tour

Infos

  • Wanderweg
  • Rundtour

  • Kultur Highlight
  • Einkehrmöglichkeit

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Rhein Main Presse · Antje Seeling und Sonja Press

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